German, Polity: Strategie zur Entscheidungsfindung um wie Jesus zu leiten

Strategie zur Entscheidungsfindung um wie Jesus zu leiten

 

Warum sagte Jesus, dass Kirchenführer die gleiche Autorität haben wie Kinder und Sklaven (welche die geringste Autorität haben)? Er brachte diese Wahrheit nach Hause, indem er den Jüngern die Füße wusch. Jesus versprach sogar: „Wenn ihr diese Dinge wisst, seid ihr selig, wenn ihr sie tut.“ Was sagt uns das über den Management-Stil eines Pastors und über die Entscheidungsfindung in der Gemeinde?

 

Profit

Ein wichtiger Bestandteil von Jesu Führungsstrategie war, dass Pastoren der Gemeinde dienen, indem sie sich die Zeit nehmen, um Gemeindekonsens aufzubauen. Der Geist Christi findet sich eher, wenn die Leiter die gesamte Gemeinde dazu führen, gemeinsam mit großen Entscheidungen zu ringen. Die Mitglieder der Gemeinde werden ermutigt, wenn sie erkennen, dass die Vorschläge eines jeden respektvoll in Übereinstimmung mit der Heiligen Schrift abgewogen werden. Die Einheit wird gestärkt und die Gemeinde kann leichter vom Geist geführt werden. In diesem Prozess beinhaltet die Rolle der Leitung zu helfen einen Konsens zu schaffen, indem sie lehrt, was die Schrift zu einem Thema sagt, private Gespräche mit Gemeindemitgliedern über Entscheidungen führt, diejenigen anspricht, die anderer Meinung sind und, nach viel Überredung, jede abweichende Minderheit auffordern, sich der Leitung und dem Rest der Gemeinde zu beugen. Jesu Beispiel anzunehmen kann den Entscheidungsprozess der Gemeinde sowohl vereinheitlichen als auch erbaulich für die gesamte Gemeinde machen.

 

Beweis #1—Die Autorität der Pastoren: Wie Kinder und Sklaven

Jesus stellte die Autorität weltlicher politischer Führer der, der Gemeindeleiter gegenüber und sagte: „Die Könige der Heidenvölker herrschen über sie, und ihre Gewalthaber nennt man Wohltäter. Ihr aber sollt nicht so sein; sondern der Größte unter euch soll sein wie der Jüngste, und der Führende wie der Dienende“ (Lk. 22,25–26).[1] Lassen Sie uns eine Minute darüber nachdenken. Wie viel Autorität hat die jüngste Person in einer Familie? Wie viel Macht hat ein Hausangestellter über seinen Arbeitgeber? Obwohl es wahr ist, dass Jesus ein Meister der Hyperbel war, gibt es eine zugrunde liegende Wahrheit, die nicht verschwiegen werden darf. Pastoren sollen dienende Führer sein. Ihre Haltung sollte eine der Demut in der Führung sein: keine königliche Autorität, die über andere herrscht. Pastoren müssen mit einem dienenden Herzen führen. In Übereinstimmung mit den Worten Jesu wies Petrus die Ältesten an: „Hütet die Herde Gottes … nicht als solche, die über das ihnen Zugewiesene herrschen, sondern indem ihr Vorbilder der Herde seid!“ (1 Pet. 5,1-3). [2]

Jesus bot sich selbst als Vorbild für die Gemeindeleiter an: „Denn wer ist größer: der, welcher zu Tisch sitzt, oder der Dienende? Ist es nicht der, welcher zu Tisch sitzt? Ich aber bin mitten unter euch wie der Dienende« (Lk. 22,27).1 Bei einer anderen Gelegenheit wusch Jesus den Jüngern die Füße, um klar zu stellen, dass jeder, der ein Gemeindeleiter sein will, zuerst lernen muss, der Diener aller zu sein. Er sagte: “Versteht ihr, was ich euch getan habe? Ihr nennt mich Meister und Herr und sagt es mit Recht; denn ich bin es auch. Wenn nun ich, der Herr und Meister, euch die Füße gewaschen habe, so sollt ihr einander die Füße waschen; denn ein Vorbild habe ich euch gegeben, damit auch ihr so handelt, wie ich an euch gehandelt habe. Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Der Knecht ist nicht größer als sein Herr, noch der Gesandte größer als der ihn gesandt hat. Wenn ihr dies wisst, glückselig seid ihr, wenn ihr es tut!“ (Joh. 13,12–17).[3] Wollen wir Gottes Segen als Gemeindeleiter erhalten? Dann müssen wir ausleben, was Jesus modelliert hat, und unsere Autorität mit dem Herzen eines Dieners ausüben.

 

Beweis #2—Führung der Ältesten richtig verstanden

Da die Schrift Älteste erwähnt, die „gut leiten“ (1. Tim. 5,17), ist es offensichtlich, dass Gott die Pastoren in leitender Funktion eingesetzt hat. Das zugrundeliegende Wort für „Leiten“ bedeutet wörtlich „vorstehen“, d.h. andere führen oder verwalten. Eine sekundäre Bedeutung ist, im Sinne der Fürsorge oder Hilfe für andere zu stehen, wie es eine Krankenschwester oder ein behandelnder Arzt tun würde.[4] Die Kombination dieser beiden Definitionen hilft, den Managementstil zu gestalten, der von den Pastoren eingesetzt werden soll.

Wie kann von jemandem, der nur die Autorität von Kindern oder Sklaven hat, erwartet werden zu herrschen? Hebräer 13,17 weist Gläubige an, den Gemeindeleitern zu gehorchen.[5] Das griechische Wort für „gehorsam“ (hupakouo) wurde verwendet, um sich auf Situationen zu beziehen, wie die von Kindern, die ihren Eltern gehorchen, und die von Sklaven, die ihren Herren gehorchen (Eph. 6,1+5). Das gebräuchliche Wort für „gehorchen“ findet sich jedoch nicht in 13,17. Stattdessen wird peitho verwendet, was grundsätzlich Überreden oder Überzeugen bedeutet.[6] In der griechischen Mythologie war „Peitho“ der Name einer Göttin, eine Gefährtin der Aphrodite, die die Überzeugung verkörperte.[7] Im Einklang mit dieser Wurzelbedeutung ist McReynolds interlineare Übersetzung von peitho in 13:17 „überzeugen“.[8] Ein Ausleger ging noch einen Schritt weiter und stellte fest, dass mit peitho „der vorgeschlagene Gehorsam nicht durch Unterwerfung gegenüber Autorität, sondern durch Überzeugung entsteht“.[9] Lenskis Kommentar zu diesem Text war, dass diejenigen, die sich von jemandem überzeugen lassen, dieser Person gehorchen würden.[10] In unserem Text wird es in der gegenwärtigen imperativen mittleren/passiven Form gebraucht, was „gehorcht“ bedeutet.[11] Der Gebrauch von peitho von Seiten des Autors deutet jedoch darauf hin, dass dieser Gehorsam aus Dialog, Lehre, Überzeugung und Argumentation entsteht. Sinnloser Gehorsam ist nicht das, was damit gedacht ist. Jemand, der von etwas überzeugt ist, wird darauf handeln und mit freudiger Überzeugung gehorchen.

Eine der Qualifikationen eines Ältesten ist die Fähigkeit zu lehren (1. Tim. 3,2). Das liegt daran, dass die Gemeindeleiter überzeugen müssen, indem sie die Wahrheit lehren. Dwight Eisenhower fasste die Idee hinter Hebräer 13,17 ein, als er sagte: „Ich würde lieber versuchen, einen Mann zu überzeugen, mitzugehen; denn wenn ich ihn überzeugt habe, wird er bleiben. Wenn ich ihn erschrecke, bleibt er nur so lange, wie er Angst hat, und dann ist er weg.“[12] Älteste sollen nicht einfach Entscheidungen von oben heraus aussprechen wie Päpste. Der dienende Pastor verkauft, anstatt zu erzählen. Idealerweise wird der in Hebräer 13,17 beschriebene Gehorsam nach einem Prozess der Überzeugung geschehen.

Hebräer 13:17 weist die Gläubigen weiter an, sich ihren Gemeindeleitern zu unterordnen. Das griechische Wort für „unterwerfen/unterordnen“ (hupotasso) befindet sich hier jedoch nicht.[13] Stattdessen wählte der Autor das altgriechische Wort hupeiko, ein Synonym für hupotasso, was nachgeben oder aufgeben bedeutet.[14] Rienecker definierte es genauer als „nachgeben, aufgeben, sich unterordnen“.[15]  Hupeiko wurde an anderen Stellen in Bezug auf Wettkampfteilnehmer (wie Wrestler) verwendet und bedeutete, nach einem Kampf nachzugeben.[16] Das differenzierte Verständnis von hupeiko ist nicht das einer Struktur wie der zivilen Regierung, der sich jemand automatisch unterwirft; es ist vielmehr die Unterordnung am Ende eines Prozesses, Kampfes oder Wettstreits. Es ist das Porträt einer ernsthaften Diskussion und eines Dialogs, bevor eine Partei nachgibt.

Zusammenfassend ist die Beziehung, die im Neuen Testament dargestellt wird, kein gedankenloser sklavenähnlicher Gehorsam zwischen Führern und denen, die geführt werden. Gottes Herde muss offen sein, von ihren Hirten überzeugt zu werden (peitho). Die Führungskräfte müssen sich ihrerseits für kontinuierliche Lehre und Diskussion einsetzen. Es wird jedoch Zeiten geben, in denen jemand oder einige wenige in der Gemeinschaft nicht überzeugt werden können. Die Gemeinden setzen sich zusammen sowohl aus reifen, wie auch aus unreifen Christen, aus denen, die im Geist wandeln und denen, die es nicht tun, aus denen mit der Gabe der Unterscheidung und denen ohne sie. Es wird Unstimmigkeiten geben. Hebräer 13,17 ruft die auf, die anderer Meinung sind, nach viel Überredung, der Weisheit ihrer Kirchenführer nachzugeben (hupeiko). Diese Unterordnung soll jedoch erst nach Dialog, Diskussion und Argumentation kommen. Obwohl also die endgültige Entscheidungsbefugnis bei der Leitung liegt, muss ein kritischer Aspekt der Ältestenschaft die Verpflichtung beinhalten, dem Leib zu dienen, indem man einen vom Geist geleiteten Gemeindekonsens aufbaut. So wie eine Person eine Meinung haben kann, ohne rechthaberisch zu sein, oder Urteile fällen kann, ohne verurteilend zu sein, so hat auch ein Pastor die Autorität zu führen, ohne autoritär zu sein.

 

Beweis #3—Pastoren: Hauptspieler oder Seiten-Coachs?

Erstaunlicherweise wurden Kirchenführer in den Briefen wenig Bedeutung beigemessen. Der höchst theologische Brief des Paulus an die Römer richtete sich einfach an die „Heiligen“ (Röm. 1,7), ohne die Hirten besonders zu erwähnen. Die beiden Briefe an die korinthische Gemeinde waren an die ganze „Gemeinde“ gerichtet (1. Kor. 1,2; 2. Kor. 1,1). Die Pastoren wurden weder in den Begrüßungen noch irgendwo im Text der Briefe erwähnt. Dass diese beiden Briefe sich mit kritischen Führungsthemen wie das Abendmahl, Gottesdienste und kirchliche Disziplin befassen, macht dies umso bemerkenswerter.

Der Gruß in Galater richtete sich an alle „Gemeinden“ in der Region. Die Führung wurde nicht erwähnt (1,2). Überall in Galater wurden die Leser einfach als „Brüder“ angesprochen. Die „Heiligen in Ephesus“ waren die vorgesehenen Empfänger ihres Briefes (Eph 1,1). Die Bedeutung von Pastor-Lehrern wurde in Epheser 4,11 erwähnt, aber auch dort wurden die Pastoren nicht direkt angeschrieben. Philipper 1,1 bricht das Muster der Vernachlässigung von Leitern. Die Aufseher wurden zusammen mit den Heiligen gegrüßt. Jedoch wurde nichts anderes von diesen Führern gesagt, noch wurde etwas anderes direkt an sie geschrieben. Der Gruß in Kolosser 1,2 richtete sich einfach an „die Heiligen und treuen Brüder“. Nichts wurde direkt an oder über die Leiter geschrieben. Im letzten Kapitel des Hebräerbriefes werden die Leser aufgefordert, „alle eure Führer zu grüßen“ (13,24). Der Verfasser hat nicht nur die Führer nicht direkt begrüßt, sondern ging davon aus, dass sie den Brief nicht einmal lesen würden.

Dieses Versäumnis, sich auf die Führer zu konzentrieren, setzt sich in den Begrüßungen von 1. & 2. Thessalonicher, Jakobus, 1. & 2. Petrus, 1. & 2. Johannes[17] und Judas fort. Von allen Briefen an die Gemeinden ist es nur in 1. Petrus 5, dass die Ältesten direkt angeschrieben werden.[18]  Nichts davon sollte so verstanden werden, dass Pastoren unwichtig sind. Es ist einfach, dass die Pastoren selbst auch Schafe sind. Die Pastoren waren eine Untergruppe der Gemeinde als Ganzes. Es gab keine starke Unterscheidung zwischen Klerus und Laien. Epheser 4,11-12 offenbart, dass es die Pflicht von Pastoren-Lehrern ist, die Heiligen für die Arbeit des Dienstes auszurüsten. Dies, in Verbindung mit dem apostolischen Fokus auf ganze Gemeinden und nicht nur auf Pastoren, legt nahe, dass Pastoren als Seiten-Trainer und nicht als Hauptspieler dienen.

Viel kann aus den direkten Appellen der Autoren des Neuen Testaments an ganze Gemeinden entnommen werden. Sie unternahmen große Anstrengungen, um alle Gläubigen zu beeinflussen – nicht nur diejenigen in Führungspositionen. Die Apostel haben nicht einfach Befehle geschrien oder Anordnungen erlassen, wie militärische Befehlshaber es tun könnten. Stattdessen behandelten sie andere Gläubige als gleichwertig und wandten sich direkt an sie. Das Priestertum der Gläubigen wurde aktiv ausgeübt. Die örtlichen Pastoren führten zweifellos in der gleichen Weise. Ihre primäre Autorität bestand in ihrer Fähigkeit, durch die Wahrheit Einfluss zu nehmen. Der Respekt, den sie erhielten, wurde ehrlich verdient. Es war das Gegenteil von militärischer Autorität, bei der Soldaten die Uniform respektieren, aber nicht unbedingt den Mann dahinter. Aristoteles erklärte scharfsinnig: „Wir glauben guten Menschen mehr und bereitwilliger als anderen. Das ist im Allgemeinen wahr, was auch immer die Frage ist, und absolut wahr, wo genaue Gewissheit unmöglich ist und die Meinungen geteilt sind … sein Charakter kann fast als das wirksamste Mittel der Überzeugung bezeichnet werden, dass er besitzt.“[19]

Hebräer 13,7 spiegelt die Tatsache wider, dass der Führungsstil der Gemeindeleiter in erster Linie eine Führung durch Beispiel ist: „Gedenkt an eure Führer, … schaut das Ende ihres Wandels an und ahmt ihren Glauben nach!”[20] In ähnlicher Weise offenbart 1. Thessalonicher 5,13, dass Leiter nicht wegen der automatischen Autorität des ernannten Ranges geachtet werden sollten, sondern wegen des Wertes ihres Dienstes: „…dass ihr sie umso mehr in Liebe achtet um ihres Werkes willen.“20 Wie Jesus sagte: „Ihr wisst, dass die Fürsten der Heidenvölker sie unterdrücken und dass die Großen Gewalt über sie ausüben. Unter euch aber solle es nicht so sein; sondern wer unter euch groß werden will, der sei euer Diener, und wer unter euch der Erste sein will, der sei euer Knecht“ (Mat. 20,25-28).

Zusammenfassend schrieben die Apostel an ganze Gemeinden und nicht nur an die Leitung. Die Apostel lehrten, gaben Gründe, überzeugten und führten im Gegensatz zu einfach nur Befehle zu geben. Dienende Pastoren sollten dienen, indem sie auf diese Weise führen. Führungskräfte sollen groß im Dienen sein.

 

Beweis #4—Gemeinde als Kongress

Wir werden ein schlechteres Verständnis der Gemeinde Christi haben, wenn wir die Dynamik des ursprünglichen griechischen Wortes für Kirche/Gemeinde nicht berücksichtigen: ekklésia. Mit so viel Betonung heutzutage auf die Trennung von Kirche und Staat, wird Regierung selten mit Kirche/Gemeinde verbunden. In den Tagen Jesu wurde ekklésia jedoch außerhalb des Neuen Testaments verwendet, um sich auf eine politische Versammlung zu beziehen, die regelmäßig einberufen wurde, um Entscheidungen zu treffen.[21]  Nach Thayer war es „eine Versammlung des Volkes, die am öffentlichen Ort des Rates zum Zweck der Beratung einberufen wurde“.[22]  Bauer definiert ekklésia als eine „Versammlung eines regelmäßig einberufenen politischen Gremiums“.[23]  Lothan Coenen schrieb für The New International Dictionary of New Testament Theology, dass ekklésia „eindeutig als ein politisches Phänomen charakterisiert wurde, das sich nach bestimmten Regeln und innerhalb eines bestimmten Rahmens wiederholte. Es war die Versammlung der Vollbürger, die funktionell in der Verfassung der Demokratie verwurzelt war, eine Versammlung, in der grundlegende politische und rechtliche Entscheidungen getroffen wurden … das Wort ekklésia, in allen griechischen und hellenistischen Gebieten, behielt immer seinen Bezug auf die Versammlung des Staates (Polis).“[24]

Die weltliche Bedeutung von ekklésia kann mehrmals in Apostelgeschichte 19 gesehen werden, wo es mit „gesetzlicher Versammlung“ und nicht mit „Kirche/Gemeinde“ übersetzt wird.[25]  Zwei der Ereignisse in Apostelgeschichte 19 beziehen sich auf ein Treffen von Silberschmieden, das von Demetrius einberufen wurde. Diese Gewerkschaftsmitglieder eilten in das Theater, wo normalerweise bürgerschaftliche Entscheidungen getroffen wurden, um zu entscheiden, was mit einem beschädigten Ruf und einem verlorenen Geschäft zu tun ist.[26]  Da sie jedoch ihre Zuständigkeit überschritten, empfahl der Stadtbeamte, die Angelegenheit durch die „legale“ Ekklésia und nicht durch die gewerkschaftliche Ekklésia zu regeln (Apostelgeschichte 19:37-39).

Warum wählte Jesus solch ein politisch aufgeladenes Wort (ekklésia), um Sein Volk und ihre Versammlungen zu beschreiben?[27]  Hätte er nur eine Versammlung ohne politische Konnotationen beschreiben wollen, hätte Jesus sunagogé benutzen können. Vielleicht war es, weil Jesus beabsichtigte, dass seine Nachfolger zusammen mit einem Zweck fungieren, der dem der politischen Regierung ähnelt. Wenn ja, dann haben die Gläubigen die Verantwortung, gemeinsam durch Konsens Entscheidungen zu treffen. Gottes Volk hat einen Entscheidungsauftrag. Eine Gemeinde ist eine Körperschaft von Bürgern des Königreichs ermächtigt, wichtige Fragen abzuwägen, Entscheidungen zu treffen und Urteile zu verschiedenen Themen zu fällen. In der Baptist Faith and Message von 2000 heißt es: „Jede Gemeinde arbeitet unter der Herrschaft Christi durch demokratische Prozesse.“[28]

Das Neue Testament enthält viele Beispiele dafür, wie Gottes Volk als Körperschaft Entscheidungen trifft. Nachdem Jesus versprochen hatte, Seine ekklésia auf dem Felsen des geoffenbarten Bekenntnisses des Petrus zu bauen, sprach er sogleich von den Schlüsseln des Himmelreichs und vom Binden und Lösen (Mt. 16,13-20). Schlüssel symbolisieren die Autorität, etwas zu öffnen und zu schließen. „Königreich“ ist ein politischer Begriff, und binden und lösen beinhaltet die Autorität, Entscheidungen zu treffen. Wurde diese Vollmacht nur Petrus gegeben? In Matthäus 18,15-20 wurde die Vollmacht zu binden und zu lösen von Jesus auf die gesamte ekklésia übertragen. In Apostelgeschichte 1,15-26 beauftragte Petrus die Gemeinde in Jerusalem als Ganzes, einen Ersatz für Judas zu finden. Später wandten sich die Apostel an die Gemeinde als Körperschaft, um Männer auszuwählen, die das Nahrungsmittelprogramm der Gemeinde verwalten sollten (Apostelgeschichte 6,1-6). Apostelgeschichte 14,23 zeigt an, dass die Apostel die Ältesten mit der breiten Zustimmung der örtlichen Gemeinde einsetzten.[29]

Die Apostel waren der Maßstab für Lehre und Praxis. Wenn es je eine angemessene Zeit und einen geeigneten Ort für die Apostel gegeben hätte, um unabhängig von der Gemeinde eine Entscheidung zu treffen, dann wäre es das Konzil von Jerusalem gewesen (Apg. 15). Die Natur des Evangeliums war in Frage gestellt worden. Doch selbst hier ist die erstaunliche Tatsache, dass die Apostel nicht nur die örtlichen Ältesten in Jerusalem miteinschlossen, sondern auch die ganze Gemeinde.[30]  Colin Brown bemerkte: „Bei der Beschlussfassung des Rates wird ihnen kein besonderer Vorrang eingeräumt… Es ist im Einklang mit dem nicht-autoritären, kollegialen Charakter der Kirchenführung, die Apostelgeschichte konsequent schildert (1,13-26; 6,2ff; 8,14ff; 11,1ff; 13,1-4).” [31]  Dienende Führung ist dezentralisiert. Darüber hinaus offenbart 1. Korinther 5, dass die Gemeinde gemeinschaftlich die Autorität hat, reuelose Mitglieder liebevoll zu disziplinieren.

 

Gelehrte

Donald Guthrie kommentierte den allgemeinen Charakter der Gemeindebeteiligung: „Diese frühen Gemeinden zeigten eine bemerkenswerte Kraft, die ein besonderes Merkmal dieses Alters war. Diese Gemeinden waren lebende Organismen und nicht Organisationen. Die Anregungen des Geistes waren wichtiger als kirchliche Edikte oder bischöfliche Erklärungen. Wenn Entscheidungen getroffen wurden, wurden sie von der ganzen Gemeinschaft der Gläubigen getroffen, nicht nur von den Beamten… Es wäre jedoch ein Fehler, aus diesem Grund anzunehmen, dass die Kirche auf demokratischen Linien geführt wird. Die Apostelgeschichte macht unmissverständlich deutlich, dass der dominierende Faktor die Führung des Heiligen Geistes war.“[32]

Guthrie sagte weiter: “Jede Prüfung von Paulus Sicht der Führung innerhalb der christlichen Gemeinde, muss von seiner Grundidee ausgehen, dass die Gemeinde ein Körper ist, dessen Haupt Christus ist. Keine Autoritätsstruktur ist möglich, ohne die höchste Autorität, die in Christus selbst ist. Darüber hinaus muss die Autorität auch hier als organisch und nicht als organisatorisch verstanden werden … es ist die intimste Art von Autorität… Alle genannten Beamten sind so zu betrachten, als ob sie ihre verschiedenen Aufgaben unter der Leitung des Haupts wahrnehmen…. Obwohl die christliche Kirche keine Demokratie ist, ist sie auch keine Autokratie. Tatsächlich wird der eine Fall, der im NT erwähnt wird, wo ein Mann versucht hat, über die Gemeinde zu herrschen, mit starker Missbilligung betrachtet (3. Johannes 9-10). Die Idee der Kirche im NT ist eine Gemeinschaft, in der Christus, nicht der Mensch, der Kopf ist (Kol. 1,18; Eph. 1,22). Es ist theokratisch, nicht demokratisch. Sein Sinn für Recht und Ordnung wird vom Willen Gottes beherrscht (vgl. 1 Kor 5,3-5).“[33]

Der neutestamentliche Ansatz besteht darin, dass Führungskräfte die gesamte Gemeinde in wichtigen Entscheidungen einbeziehen, sich auf die Führung des Heiligen Geistes verlassen und versuchen Gemeindekonsens in wichtigen Angelegenheiten aufzubauen. Die Leitung der Frühen Kirche war eine Kombination von Ältestenherrschaft und Gemeindekonsens unter Christus als Haupt. Wenn die Gemeinde zu sehr in die eine Richtung tendierte, würde sie zu einer Diktatur werden, und zu sehr in die andere Richtung würde es eine Mafiaherrschaft geben. Die Pastoren und die Gemeinde sind in einem nuancierten Tanz des gegenseitigen Respekts, während sie auf Jesus, den Ansager der Tanzschritte, als Haupt schauen.

 

Perspektive

Der Prozess, den eine Gemeinde durchläuft, um einen Konsens zu erzielen, kann ebenso wichtig sein wie der Konsens, der letztendlich erreicht wird. Führen durch Konsens braucht Zeit, Engagement, gegenseitige Erbauung und viel brüderliche Liebe. Es kann wirklich in kleineren Gemeinden, wie die der neutestamentlichen Ära, funktionieren.[34] Wir müssen uns gegenseitig genug lieben, um einander zu akzeptieren und unsere Meinungsverschiedenheiten zu überwinden. Das Konzept des Konsenses könnte als Führen durch Einheit, Geschlossenheit, Harmonie oder gegenseitiges Einvernehmen bezeichnet werden. Vertrauen wir wirklich darauf, dass der Heilige Geist in unserem Leben und in unseren Gemeinden wirkt?

Es ist wichtig zu überlegen, was der Herr getan hat, um Seinem Volk zu helfen. Zuerst betete unser Herr selbst, „damit sie eins seien, gleich wie wir! … auf dass sie alle eins seien, gleichwie du, Vater, in mir und ich in dir; … damit sie zu vollendeter Einheit gelangen“ (Joh. 17,11; 20-23).[35] Weil Jesus in unserem Namen darum gebeten hat, ist die Einheit sicher erreichbar.

Eine weitere Vorkehrung, die Gott für unsere Einheit getroffen hat, liegt im Abendmahl des Herrn: »Denn es ist ein Brot(laib)[36], so sind wir, die Vielen, ein Leib; denn wir alle haben Teil an dem einen Brot.« (1. Kor. 10,17).35 Die beiden Präpositionen „denn“ sind wichtig. Die Teilnahme am Abendmahl symbolisiert nicht nur die Einheit, sondern schafft sie sogar.[37]

Schließlich gab Christus der Gemeinde verschiedene Führungsgaben (wie zum Beispiel, den Pastor-Lehrer) mit einem Zweck: „bis dass wir alle hinkommen zu einerlei Glauben“ (Eph. 4,11-13).[38] Führungspersonen spielen eine entscheidende Rolle bei der Konsensbildung.

 

Vorkehrung

Jesus sagte, dass Kirchenführer wie Kinder und Sklaven werden sollen: diejenigen mit der geringsten Autorität in der weltlichen römischen Gesellschaft. Jesus selbst kam nicht als König, sondern als Diener. Ein dienender Führer kümmert sich um die Bedürfnisse und Wünsche anderer, achtet wirklich auf die Werte und die Würde der Brüder, glaubt an das Priestertum des Gläubigen und praktiziert es, nimmt einen partizipativen Führungsstil an und nimmt sich die Zeit und Mühe, um einen Konsens in der Gemeinde bei der Problemlösung und Entscheidungsfindung aufzubauen. Auf diese Weise zu dienen, beinhaltet ein Hirte zu sein, Aufbau von Gemeinschaft, Jünger machen, Lehren, Überzeugen, Zuhören, Erklären, Einfühlungsvermögen, Demut und Coaching.

Die Gemeinde als Ganzes kann mit einem Kongress verglichen werden, der befugt ist Entscheidungen zu treffen und Urteile zu fällen, die für seine Mitglieder bindend sind. Gemeindeleiter sind auch Kongressabgeordnete. Sie werden jedoch in einen Sonderausschuss berufen, dessen Aufgabe es ist, die Fragen zu untersuchen und Empfehlungen zu geben, zu unterrichten, zu informieren oder den Kongress anzuregen. Gemeindeleiter sollten normalerweise keine Entscheidungen im Namen der Gemeinde als Alternative zur Konsenssuche treffen. Pastoren sollten führen, lehren, vorschlagen und Konsens aufbauen. Wenn sich die Gemeinde jedoch in einem Stillstand befindet, nicht in der Lage, ein Problem zu lösen, dienen die Pastoren als vorbestimmte Schiedsrichter oder Löser des Unentschiedenen. In diesen Fällen sind die Gegner aufgerufen, sich im Herrn der Führung und Weisheit der Ältesten zu unterwerfen (Heb. 13,17). Die geistgefüllte Ältestenschaft, verbunden mit dem Konsens der Gemeinde über wichtige Entscheidungen, gibt dem Heiligen Geist freie Hand und versetzt die Gemeinde in eine bessere Position, den Geist Christi zu erkennen und im Licht des Wortes Gottes zu wandeln.

 

Praxis

Konsens vs. einfache Mehrheit: Sollten Entscheidungen durch Konsens oder einfache Mehrheit getroffen werden? Es ist wichtig zu überlegen, was diese beiden Optionen beinhalten. Konsens bedeutet allgemeine Zustimmung, eine repräsentative Tendenz oder eine Stellungnahme. Es bezieht sich auf die Wörter „zustimmen“ und „übereinstimmen“. Dagegen kann die Mehrheitsregel eine 51%-Diktatur für die 49% sein, die damit nicht einverstanden sind. Das wirkt gegen die Einheit. Der Konsens versucht jedoch, Einheit zu schaffen.

Betrachten wir die folgenden Bibeltexte: »Siehe, wie fein (gut) und wie lieblich ist‘s, wenn Brüder in Eintracht beisammen sind.« (Ps. 133,1).[39] „Ich ermahne euch aber, ihr Brüder, kraft des Namens unseres Herrn Jesus Christus, dass ihr alle einmütig seid in eurem Reden und keine Spaltungen unter euch zulasst, sondern vollkommen zusammengefügt seid in derselben Gesinnung und in derselben Überzeugung.“ (1 Kor. 1,10).39 »Setzt alles daran, die Einheit zu bewahren, die Gottes Geist euch geschenkt hat; sein Frieden ist das Band, das euch zusammenhält.« (Eph. 4,3).[40] »…so macht meine Freude völlig, indem ihr eines Sinnes seid, gleiche Liebe habt, einmütig und auf das eine bedacht seid.« (Phil 2,2).39 „Darum kleidet euch nun in tiefes Mitgefühl, in Freundlichkeit, Bescheidenheit, Rücksichtnahme und Geduld. Geht nachsichtig miteinander um und vergebt einander, wenn einer den anderen etwas vorzuwerfen hat. Genauso, wie der Herr euch vergeben hat, sollt auch ihr einander vergeben. Vor allem aber bekleidet euch mit der Liebe; sie ist das Band, das euch zu einer vollkommenen Einheit zusammenschließt.« (Kol. 3,12-15).40

Eine systematische, gut dargestellte, biblisch begründete Lehre, die von inbrünstigem Gebet durchdrungen ist, wird reife Diskussionen erleichtern. Auch wenn Leiter Lehren bringen, die relevant sind, für die Angelegenheiten, die beim Treffen der Gemeinde in Betracht gezogen werden, findet ein großer Teil des Prozesses der Konsensbildung außerhalb eines Gottesdienstes statt. Es wird eins-zu-eins, Bruder-zu-Bruder in vielerlei Hinsicht geschehen, einschließlich der Gemeinschaft des Abendmahls, soziale Besuche in der Woche, Telefongespräche, SMS und E-Mail. Gemeindemitglieder in Übereinstimmung zu bringen, erfordert Zeit, Geduld, Demut, Sanftmut und den Dienst der Ältesten. Es besteht ein großer Unterschied zwischen Konsensfindung und einfacher Mehrheitsregel, die Abstimmungen und einen „Sieg“ von 51 % beinhaltet.

Gemeindeabstimmung: Im Konsensprozess darf es nie eine Zeit geben, in der eine Abstimmung getroffen wird. Die Führung sollte die Position jedes Bruders auf der Grundlage individueller Gespräche kennen. Die Meinungen gottesfürchtiger, reifer, langjähriger Mitglieder sollten gebührend berücksichtigt werden und nicht die, derjenigen, die gerade erst begonnen haben teilzunehmen. Nachdem ein Konsens erzielt wurde und die wenigen verbliebenen Dissidenten aufgefordert wurden, sich den Ältesten zu beugen, kann eine Ankündigung gemacht und der Vorschlag umgesetzt werden.

Sollte eine Generalversammlung der Gemeinde abgehalten werden, um festzustellen, ob es einen Konsens in einer Frage gibt? Idealerweise sollte die Gemeinde so klein sein, dass die Führung weiß, wo jede Person steht, ohne unbedingt eine Generalversammlung einberufen zu müssen. Es wäre jedoch angebracht, neben Gottesdiensten besondere Treffen abzuhalten, um über wichtige Themen zu unterrichten und zu diskutieren.

Wer entscheidet im Konsensverfahren? Sollten es Männer und Frauen sein oder nur Männer? Die Gedanken eines jeden sind wichtig. In der Dreieinigkeit sind Gott der Vater und Gott der Sohn gleich; aber der Sohn unterwirft sich freiwillig dem Willen des Vaters. Auch wenn Männer und Frauen vor Gott gleich sind, sind die Frauen aufgerufen, sich ihren Männern unterzuordnen. Gott ist das Haupt Christi, Christus ist das Haupt der Gemeinde und der Mann ist das Haupt seiner Familie. Eine Art, wie diese göttliche Ordnung in der Gemeinde zum Ausdruck kommt, ist, dass nur Männer als Älteste und Lehrer dienen sollen. Sie kommt weiter zum Ausdruck, wenn Männer als Kopf ihres Haushalts die Ansichten ihrer Frauen im Konsensverfahren vertreten. Sicherlich haben Frauen gültige Meinungen und Einsichten. Diese Bedenken können direkt von den Frauen oder von ihren Ehemännern zum Ausdruck gebracht werden. Ein liebevoller Ehemann wird die Ansichten seiner Frau sorgfältig prüfen, aber es sind die Brüder, die das letzte Wort haben. Es sind die Brüder, die die Entscheidungen treffen müssen, die für die Gemeinde bindend sind (vgl. 1. Kor. 11,1ff, 14,33–35; 1. Tim. 2,11–15).

Wenn es um reine Präferenzen geht, ist es angemessen Rücksicht auf die Frauen zu nehmen und ihren Wünschen nachzugeben. Doch in Fragen der Theologie oder der Anwendung der Heiligen Schrift müssen die Männer die endgültigen Entscheidungen treffen. In seinem Kommentar zu 1. Korinther 14,33–35 zitierte R.C.H. Lenski aus Opinion of the Theological Faculty of Capital University: „Wie die Gewährung von Stimme und Stimmrecht an Frauen in allen Gemeindeversammlungen alles andere tun kann, als die Frauen in allen solchen Versammlungen auf eine Stufe mit Männern zu stellen und ihre göttlich geordnete Unterwerfung und ihren Gehorsam ernsthaft zu stören, können wir nicht sehen.“[41]

Wann steigen Themen auf ein Niveau, das Konsens erfordert? Es ist unpraktisch, die gesamte Gemeinde in jede Entscheidung einzubeziehen. Der Schlüssel ist, sich auf das Erreichen eines Konsenses bei wichtigen Fragen, wie große Anschaffungen, Auswahl von Ältesten und Diakonen, kirchliche Disziplin, Bestimmung des Ortes für die Gemeindetreffen, große Änderungen an der Art und Weise, wie Versammlungen durchgeführt werden, Pflanzung neuer Gemeinden, Unterstützung von Missionaren und der Start von sozialen Diensten zu konzentrieren.

Wann stellt die Größe der Gemeinde ein Problem dar? Für die optimale Gemeindegröße ist in der Heiligen Schrift keine magische Zahl vorgesehen. Wenn eine Gemeinde zu groß ist, damit die Ältesten jedem Menschen kennen und mit Ihnen eine Beziehung haben, dann ist sie zu groß. Das Leiten durch Konsens funktioniert am besten in einer Gemeinde, die klein genug ist, damit alle sich einander kennen und lieben können. Beziehungen müssen stark genug sein, damit die Menschen ihre Meinungsverschiedenheiten durcharbeiten können, ohne sich aufzuregen und die Gemeinde zu verlassen. Bemerkenswert ist, dass sich die frühe Kirche in römischen Villen traf. Die typische Villa bietet Platz für ca. 100 Personen.[42]

Was ist mit inaktiven oder neu bekehrten Mitgliedern? Zählen ihre Stimmen im Konsensverfahren? Es wird fast immer geistig unreife Menschen in einer Gemeinde geben. Die Meinungen der Inaktiven sollten das gleiche Gewicht tragen wie ihre Beteiligung an der Gemeinde. Genau hier ist Hebräer 13,17 relevant. Nach vernünftigen Diskussionen und Appellen sollen solche Personen zuhören und der Weisheit der Ältesten nachgeben.

Wie sollte Konsens bei der Auslegung der Bibel angewendet werden? Sicherlich sollten wir die Bibel als Individuen studieren, aber nicht individualistisch. Wir müssen unsere Interpretationen gegen den Konsens der Gemeinde abwägen: nicht nur unsere Ortsgemeinde, sondern die universale Kirche. Historische Demut ist erforderlich. Die althergebrachten Schlussfolgerungen von Millionen unserer Glaubensbrüder über Jahrtausende hinweg zurückzuweisen, heißt effektiv kleine Päpste zu werden, die sich einbilden, das göttliche Recht zu haben, die Schrift autonom auszulegen.[43]

Die Heilige Schrift lehrt, dass der Heilige Geist in jedem Gläubigen wohnt. Wenn wir die Überzeugungen der Kirche auf der ganzen Welt heute und in den vergangenen zwei Jahrtausenden betrachten, können wir leicht mehrere grundlegende Übereinstimmungen über die richtige Auslegung der Heiligen Schrift erkennen. Das muss mehr als Zufall sein. Es ist das Werk des Geistes. Einige dieser allgemeinen Vereinbarungen betreffen Themen wie die jungfräuliche Geburt, die Dreifaltigkeit, die Gottheit Christi, die versöhnende Natur des Todes Christi am Kreuz, die körperliche Auferstehung Christi, die zukünftige körperliche Wiederkunft Christi, die zukünftige körperliche Auferstehung der Toten und die Inspiration der Heiligen Schrift. Wenn die universelle Kirche zu einem Konsens über eine Lehre gelangt ist, wird sie maßgebend. Hat eine Gemeinde das Recht, sich dem historischen Konsens der Kirche zu widersetzen? Diese grundlegenden vereinbarten Doktrinen bilden die regula fide, die Glaubensregel. Wir brauchen eine gute Portion historischer Demut.

So sehen wir, dass es Grenzen gibt, was eine Ortsgemeinde als Entscheidungsgremium festlegen sollte. Keine Ortsgemeinde hat eine Lizenz, um den historischen christlichen Glauben neu zu definieren. Einige Doktrinen stehen einfach nicht zur Diskussion. Jede ekklésia sollte innerhalb der Grenzen der Orthodoxie arbeiten. Die Ältesten sollen die schädlichen und ketzerischen Ideen als verboten betrachten (1 Tim. 1,3). Der Grund dafür ist, dass die Kirche als Ganzes heute und zu allen Zeiten bereits einen Konsens über bestimmte grundlegende Auslegungen der Heiligen Schrift erreicht hat. Der Heilige Geist hat in seiner Mission, die Gemeinde in alle Wahrheit zu führen, nicht versagt (Joh. 16,13). G. K. Chesterton sagte: „Tradition bedeutet, der dunkelsten aller Klassen, unseren Vorfahren, Stimme zu geben. Es ist die Demokratie der Toten. Die Tradition weigert sich, sich der kleinen und arroganten Oligarchie derer zu unterwerfen, die nur zufällig umherlaufen.“[44]

Plurale Führung: Neutestamentliche Verweise auf lokale Gemeindeführer sind in der Regel im Plural. Zum Beispiel: „In jeder Gemeinde setzten Sie Gemeindeälteste ein“ (Apg. 14,23),[45] und „Dann bitte er die Ältesten der Gemeinde…“ (Jak 5,14).45 Aus solchen Texten haben viele gefolgert, dass jede Ortsgemeinde eine Vielzahl von Ältesten haben sollte. Generell sollte jede Gemeinde so viele Männer haben, wie qualifiziert sind, um als Älteste zu dienen. Idealerweise sollte es eine Pluralität sein.[46] Die folgenden sind einige der Vorteile von Pluraler Führung:

  1. Die Chancen, dass sich eine Diktatur entwickelt, werden verringert. Wir sollten uns an die weisen Worte Lord Actons erinnern: „Macht neigt dazu, zu korrumpieren, und absolute Macht korrumpiert absolut. Große Männer sind fast immer schlechte Männer.“ Selbst wenn nur ein Bruder qualifiziert ist, um als Ältester zu dienen, hilft das Verständnis, dass die Leitung als Ältester die Konsensbildung unter allen Brüdern einschließen muss, um die Entwicklung eines modernen Diotrephes zu verhindern: „Ich habe der Gemeinde geschrieben; aber Diotrephes, der bei ihnen der Erste sein möchte, nimmt uns nicht an. Darum will ich ihm, wenn ich komme, seine Werke vorhalten, die er tut, in dem er uns mit bösen Worten verleumdet; und damit nicht genug, er selbst nimmt die Brüder nicht auf und verwehrt es auch denen, die es tun wollen, und stößt sie aus der Gemeinde hinaus“ ( Joh. 1,9-10).[47]
  2. Der Umgang mit einem Angriff von Wölfen ist einfacher: „Ich weiß, dass nach meinem Abschied reißende Wölfe bei euch eindringen und erbarmungslos unter der Herde wüten werden. Sogar aus euren eigenen Reihen werden Männer auftreten, die die Wahrheit verdrehen, um die Jünger `des Herrn´ irre zu führen und auf ihre Seite zu ziehen.“ ( 20,29-30).45 Prediger 4,12 sagt: „Und wenn man den einen angreift, so können die beiden Widerstand leisten; und eine dreifache Schnur wird nicht so bald zerrissen.“47
  3. Es gibt eine größere Weisheit: „Denn durch weise Führung gewinnst du die Schlacht und durch viele Ratgeber den Sieg.“ ( 24,6).47
  4. Wie in Jethros Rat an Moses ( Mose 18,13-27) zum Ausdruck kommt, würden mehrere Älteste die Arbeitsteilung ermöglichen, z.B. Krankenhausbesuche, Unterweisung, Beratung und Problembehandlung.
  5. Sie schöpft aus einer breiteren Palette geistlicher Gaben. Älteste haben nicht die gleichen Gaben oder Beweggründe: „Die Ältesten, die gut vorstehen, sollen doppelter Ehre wertgeachtet werden, besonders die, welche in Wort und in der Lehre arbeiten“ ( Tim 5,17).47
  6. Es wurde gesagt, dass es an der Spitze einsam ist. Ein einzelner Ältester zu sein, kann einsam und entmutigend sein. Mehrere Älteste zu haben, fördert die gegenseitige Ermutigung.

 

Diskussionsfragen

  1. Was kann Lukas 22:24-27 über die Autorität eines Gemeindeleiters lehren?
  2. Worauf bezog sich das griechische Wort ekklésia ursprünglich?
  3. Warum wählte Jesus ein politisches Wort wie ekklésia um seine Anhänger zu beschreiben?
  4. Was sind einige neutestamentliche Beispiele dafür, wie Gottes Volk als Körperschaft Entscheidungen trifft?
  5. Was ist der Unterschied zwischen Mehrheitsregel und Gemeindekonsens?
  6. Was ist der Unterschied zwischen Konsens und Einstimmigkeit?
  7. Welche Vorkehrungen hat Gott getroffen, um einer Gemeinde zu helfen, einen Konsens zu erzielen?
  8. Wie bauen Pastoren einen Konsens in der Gemeinde auf?
  9. In Hebräer 13:17 werden Gläubige ermutigt, ihren Leitern zu gehorchen und sich ihnen unterzuwerfen. Wie passt das zu der Leitung der Gemeinde?

 

NTRF.org hat Audios, Videos und einen Lehrer-Diskussionsführer über den frühen kirchlichen Ansatz zur Entscheidungsfindung.

Überarbeitet am 22.07.2021

 

[1] Schlachter 2000 (SCH2000), Copyright © 2000 by Geneva Bible Society

[2] Das Neue Testament benutzt die Wörter Pastor, Ältester und Aufseher (oder Bischof) auswechselnd ohne jegliche hierarchische Rangfolge (Apg. 20,17+28, Titus 1,5–7, 1 Pet. 5,1–3). Es sind synonyme Begriffe.

[3] Schlachter 2000 (SCH2000), Copyright © 2000 by Geneva Bible Society

[4] Proistémi, Bauer, Lexicon, 707.

[5] Das Neue Testament bezieht sich in der Regel auf Gemeindeleiter im Plural. Die Idee eines einzigen Pastors als Leiter einer Gemeinde war der Urkirche fremd.

[6] Bauer, Lexicon, 639. Andere Beispiele von peitho findet man in Lukas 16,31 und Apostelgeschichte 17,4 und 21,14.

[7] “Peitho,” en.Wikipedia.org. Zugriff am 5. Oktober 2017.

[8] Paul McReynolds, Word Study Greek–English New Testament (Wheaton: Tyndale, 1999), 819.

[9] W.E. Vine, Expository Dictionary of New Testament Words (Iowa Falls, IA: Riverside Book & Bible House, 1952), 124.

[10] R. C. H. Lenski, Interpretation of the Epistle to the Hebrews and the Epistle of James (Minneapolis: Augsburg Publishing, 1966), 490.

[11] Horst Balz & Gerhard Schneider, eds., Exegetical Dictionary of the New Testament, Vol. 3 (Grand Rapids: Eerdmans, 1993), 63.

[12] QuotationsPage.com, #2662, zugegriffen am 30. September 2016.

[13] Zum Beispiel, in Römer 13,1; Kolosser 3,18; Epheser 5,21 und 1. Petrus 2,13 benutzt.

[14] Bauer, Lexicon, 838.

[15] Rienecker, Linguistic Key, 720.

[16] “hupeiko”, BibleStudyTools.org. Zugegriffen am 25. Februar 2021.

[17] 3. Johannes wurde an Gajus geschrieben, ein Gemeindeleiter, statt der gesamten Gemeinde.

[18] Die Briefe an Timotheus und Titus werden wegen ihrer Betonung der Hirten als “Pastoralbriefe” bezeichnet. Allerdings waren Timotheus und Titus keine lokalen Pastoren. Sie waren apostolische Arbeitet, die von Paulus an verschiedene Orte geschickt wurden um Gemeinden zu organisieren.

[19] Aristotle’s Rhetoric, Buch 1, Kapitel 2.

[20] Schlachter 2000 (SCH2000), Copyright © 2000 by Geneva Bible Society

[21] In der Heiligen Schrift wurde ekklésia auch verwendet, um sich auf eine Versammlung Israels zu beziehen, auf die Kirche/Gemeinde als die Gesamtheit der Christen, die an einem Ort leben, und auf die universale Kirche, zu der alle Gläubigen gehören..

[22] Thayer, Lexicon, 196.

[23] Bauer, Lexicon, 240.

[24] Lothan Coenen, “Church,” New International Dictionary of New Testament Theology, Vol. 1, Colin Brown, General Editor (Grand Rapids: Zondervan, 1971), 291.

[25] Apostelgeschichte 19,32+39+41 (NIV).

[26] “Theater,” Ephesus.us, zugegriffen am 1. September 2016. Es gab so viel Durcheinander, dass die Mehrheit nicht wusste, warum sie zusammengerufen wurden.

[27] Matthäus 16,13–20 & 18,15–20. In der Septuagint, wurden die Treffen der früheren Israeliten in der Wüste ekklésia genannt.

[28] Artikel VI, “The Church.”

[29]  “Paulus und Barnabas ließen Älteste auswählen” (alternative Übersetzung in der Fußnote, NIV).

[30] Apostelgeschichte 15,4+12+22.

[31] Brown, Vol. 1, Dictionary, 135.

[32] Donald Guthrie, New Testament Theology (Downers Grove, IL: Intervarsity, 1981), 741.

[33] Ibid., 760 & 946.

[34] Da sich die frühe Kirche in den Privathäusern ihrer wohlhabenderen Mitglieder traf, war jede Gemeinde notwendigerweise klein (Ein paar Menschen statt Hunderte oder Tausende).

[35] Schlachter 2000 (SCH2000), Copyright © 2000 by Geneva Bible Society

[36] Anmerkung des Übersetzers: In der Originalübersetzung bezieht es sich auf ein ganzes Laib Brot, nicht auf ein einziges Brötchen. Im englischen Original steht deshalb „one loaf (of bread).

[37] Siehe Kapitel 1 für mehr Details.

[38] Luther Bibel 1545 (LUTH1545), Copyright © 1545 by Public Domain

[39] Schlachter 2000 (SCH2000), Copyright © 2000 by Geneva Bible Society

[40] Neue Genfer Übersetzung (NGU-DE), Copyright © 2011 by Geneva Bible Society

[41] R.C.H. Lenski, Interpretation of I & II Corinthians (Minneapolis: Augsburg Publishing House, 1943), 617.

[42] Weitere Informationen zu Größenüberlegungen finden Sie in Kapitel 5.

[43] Keith Mathison, The Shape of Sola Scriptura (Moscow, ID: Canon Press, 2001).

[44] “Tradition Is the Democracy of the Dead,” Chesterton.org, zugegriffen am 1. September 2016.

[45] Neue Genfer Übersetzung (NGU-DE), Copyright © 2011 by Geneva Bible Society

[46] Was den Unterschied zwischen einem Ältesten, Aufseher (KJV: „Bischof“) und einem Pastor (Hirten) betrifft, so wird eine Untersuchung von Apostelgeschichte 20,17; 28-30, Titus 1,5-7 und 1. Petrus 5,1-3 den synonymen Gebrauch zeigen.

[47] Schlachter 2000 (SCH2000), Copyright © 2000 by Geneva Bible Society